Rezension von Samarkand


(Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das uns freundlicherweise von Queen Games bereitgestellt wurde.)

Rezension

Samarkand
Samarkand, eine Stadt in Usbekistan, dient als Vorlage für diese Queen-Games-Neuheit. Sie zählt zu den ältesten Städten der Welt und liegt an der sogenannten Seidenstraße. Ursprünglich war das Spiel wohl als Eisenbahnspiel konzipiert worden. Das Thema wurde nun aber in den Orient verlegt, was sicherlich eine gute Idee ist, um mehr potentielle Spieler und Spielerinnen anzusprechen.

Spielausstattung
In der schön gestalteten Schachtel, ist wieder - wie von Queen-Games gewohnt - jede Menge hochwertiges und stimmiges Spielmaterial enthalten. Da wäre zunächst der Spielplan, der eine Landkarte mit Spielfeldern zeigt. Auf manchen Feldern ist eine Ware mit einer Zahl oder ein Stadtsymbol abgebildet. An den beiden äußeren Rändern sind jeweils fünf Familienfelder in zehn unterschiedlichen Farben vorhanden. Diese zeigen immer ein Familienportrait und verschiedene Ablageflächen. Für jede Familie gibt es zwei Plättchen mit wahlweise einem männlichen Portrait auf der einen Seite und einem weiblichen auf der anderen. Ebenso wie die 50 Verbindungsplättchen, die 33 Warenplättchen und die Dirham (das Spielgeld) sind diese aus stabiler Pappe. Die Warenplättchen sind von 1 bis 33 durchnummeriert und zeigen immer eine andere Ware (die aber spieltechnisch nicht von Belang ist). Die 33 Spielkarten sind das Gegenstück zu den Warenplättchen und zeigen neben der Nummerierung und der Ware auch deren Lage auf dem Spielplan. Besonders auffallend ist die große Anzahl an Kamelen aus Holz in den Farben der Familien (insgesamt 120 Stück, 12 pro Familie). Schließlich ist noch für jeden Spieler eine Übersichtstafel enthalten, welche einen Überblick über die Siegpunkte am Ende gibt. Der beiliegende Stoffbeutel wird nur im Spiel zu Zweit benötigt.

Spielziel
Die Spieler verkörpern Händler, die sich in die verschiedenen Kaufmannsfamilien einheiraten. Mit dem entsprechenden Einfluss versuchen sie deren Geschäfte zu lenken und Handelsverbindungen zu knüpfen. Auf ihren Handelsrouten besetzen sie dabei wertvolle Plätze mit lukrativen Waren. Wer am Ende die wertvollsten Waren besitzt, die meisten Handelsverbindungen eingegangen ist und über ausreichend Dirham verfügt, trägt den Sieg davon.

Spielablauf
Der Spielplan kommt in die Tischmitte und auf jedes Startfeld wird ein Kamel der entsprechenden Farbe gestellt. Die übrigen Kamele werden zusammen mit den Familienplättchen auf die dafür vorgesehenen Plätze auf den gleichfarbigen Familienfeldern platziert. Zusätzlich kommen auf jedes Familienfeld übereinander je vier graue und dann ein dunkelgrünes Verbindungsplättchen. Auf dem Spielplan werden die Warenplättchen auf den entsprechenden Feldern mit der identischen Zahl verteilt. Die Warenkarten werden gemischt und jeder Spieler erhält zwei auf die Hand. Die restlichen Karten bilden den Nachziehstapel. Außerdem erhält jeder Spieler zehn Dirham als Startkapital.

Jeder Spieler muss, wenn an der Reihe ist, eine der beiden Aktionen ausführen:
- In eine Kaufmannsfamilie einheiraten, oder
- Die Handelsroute einer Familie verlängern

Auf jedem Familienfeld steht ein Betrag, der vom Spieler zu bezahlen ist, um sich in diese Familie einzuheiraten. Er legt dazu die entsprechenden Dirham aus seinem Vorrat auf das Feld "Familienschatz" der betroffenen Familie und nimmt von dort ein Familienplättchen an sich. Pro Familie darf jeder Spieler nur ein Familienplättchen besitzen. Gleichzeitig zieht er drei Warenkarten nach, nimmt diese auf die Hand und darf nun noch bis zu zwei Karten abwerfen. Dabei ist auch das Handkartenlimit zu beachten, dass je nach Spielerzahl unterschiedlich ist. Ist dieses einmal erreicht, darf er keine Warenkarten mehr nachziehen.

Alternativ kann der Spieler die Handelsroute einer Familie verlängern, sofern er von der Familie ein Familienplättchen vor sich liegen hat. Dazu nimmt er ein Kamel aus dem Familienbesitz und setzt es auf ein Feld auf dem Spielplan. Dabei ist zu beachten, dass dieses an ein Feld grenzt, auf dem sich bereits ein Kamel derselben Farbe befindet. Außerdem dürfen auf jedem Feld maximal zwei Kamele stehen, welche aber von unterschiedlicher Farbe sein müssen. Befindet sich auf dem Feld noch ein Warenplättchen, darf der Spieler dieses an sich nehmen. Hat ein beliebiger Spieler in diesem Moment die Warenkarte mit derselben aufgedruckten Zahl auf der Hand, kann er diese sofort verkaufen und erhält dafür drei Dirham. Die Karte muss er offen vor sich ablegen, da diese weiterhin zu seinem Handkartenlimit zählt.

Stellt ein Spieler ein Kamel auf ein Landfeld, auf dem sich bereits ein Kamel einer anderen Familie befindet, gehen diese Familien eine neue Handelsverbindung ein. Jeder Besitzer von einem Familienplättchen der aktiven Familie (das ist die, dessen Kamel gerade gesetzt wurde) erhält drei Dirham. Die Besitzer der passiven Familie erhalten ein Dirham. Der aktive Spieler bekommt zusätzlich die obersten Verbindungsplättchen von beiden Familien. Dies alles gilt nur für die erstmalige Verbindung zwischen zwei Familien.

Das Spiel endet wenn alle Familien mindestens eine Verbindung, oder eine Familie alle fünf Verbindungen eingegangen ist. Jeder Spieler erhält für jedes gesammelte Waren- und Verbindungsplättchen, sowie für jeden Dirham einen Siegpunkt. Außerdem werden die auf der Hand befindlichen Warenkarten wie folgt gewertet: jedes Kamel aus einer eigenen Familie, welches auf dem entsprechenden Feld steht bringt vier Punkte, jedes andere Kamel ein Punkt.

Gesamteindruck
Was bei "Samarkand" zuerst auffällt ist das üppige Material und die schöne, stimmungsvolle Aufmachung. Die Gestaltung ist sehr gut gelungen und setzt sich in der hochwertigen Ausstattung fort. Auch die Spielanleitung glänzt mit ihrer klaren Struktur und den vielen Beispielen. Das Thema passt zwar, ist aber gerade für ein Familienspiel etwas zwiespältig. Sind unter den Spielern Kinder oder Jugendliche dabei, ist es für diese ein wenig befremdlich sich irgendwo einzuheiraten. Auch, dass man sich in gleich mehrere Familien einheiratet, mag zwar im Orient legitim sein, sorgt aber bei uns eher für ein (liebenswertes oder bösartiges) Schmunzeln. Wenigstens freuen sich die reifen Spielerinnen, dass sie sich einen männlichen Harem bilden dürfen. Aber genauso gut und vielleicht etwas zugänglicher hätten es auch Händler sein können, welche man anheuern kann. Es muss ja nicht immer gleich ein Eisenbahnthema sein, aber ich glaube, dass mir das persönlich besser gefallen hätte.

"Samarkand" ist in erster Linie ein Familienspiel, bei dem man planen und taktieren kann, aber auch etwas dem Kartenglück unterliegt. Die Möglichkeiten scheinen vielfältig zu sein, da es für reichlich Dinge Punkte gibt: Warenkarten, Warenplättchen, Verbindungsplättchen und Dirham. Das bringt einen auch immer in das Dilemma, ob man seine Dirham investiert und sich in eine weitere Familie einheiratet oder lieber sammelt. Alles ist gut miteinander verzahnt. Fast zu gut. Logische Konsequenzen bestimmen meine Handlungen. Investiere ich in eine "teure" Familie, steht mir mehr Familienvermögen zur Verfügung, womit ich Karawanen schneller ausbauen kann. Sammle ich Warenplättchen ein, dann stehe ich mit dem Kamel einer meiner Familien logischerweise auf dem entsprechenden Warenfeld. Also versuche ich diese Warenkarte zu bekommen. An Warenkarten komme ich wiederum, wenn ich in Familien einheirate. So sammle ich Karten, bei denen ich weiß, dass ich damit am Ende sicher punkten werde, bzw. die ich gut mit einer Karawane erreichen kann. Wenn da nur das Handkartenlimit nicht wäre. Welches man sich übrigens selber schnell verbauen kann, wenn man nicht auch immer genügend Karten abwirft. Jetzt muss ich nur noch schnell sehen, dass ich ein paar Verbindungen eingehe. Zum einen gibt es dafür ja auch Siegpunkte und wertvolle Dirham, und zum anderen kann ich damit das Spielende beeinflussen. Was manchmal schneller kommt als man denkt.

All dies hört sich ein wenig kompliziert an. Gerade bei der ersten Partie muss man sich damit auseinander setzen. Dann lässt sich "Samarkand" aber recht flüssig spielen, jedenfalls was die Regeln angeht. Etwas dauern kann es beim Ausloten der vielen eigenen Möglichkeiten, die einem durch den Kopf gehen. Aber letztendlich bringen die richtigen Warenkarten die meisten Punkte und entscheiden über das Spiel. Alle anderen Punkte können den Sieg nur gering beeinflussen. Somit wird "Samarkand" zu einem fast reinen Sammel- und Legespiel. Die Spieldauer ist überschaubar und sehr angenehm, allerdings dauert der Spielaufbau für ein Familienspiel etwas zu lange.

In der Variante zu Zweit kommt von jeder Familie ein Familienplättchen in einen Beutel. Heiratet ein Spieler in eine Familie ein, wird ein Plättchen aus dem Beutel gezogen. Handelt es sich dabei um ein Familienmitglied einer Familie, in welche noch nicht eingeheiratet wurde, kommt das Plättchen aus dem Spiel. Auch darf man nun zweimal in eine Familie einheiraten. Diese Variante ist zwar gut umgesetzt, dennoch kann "Samarkand" erst ab drei Spielern richtig Spaß machen, da die Spieler sich hier mehr in die Quere kommen.

Fazit
"Samarkand" kommt mit einer sehr schönen Ausstattung daher und ist insgesamt ein rundes Spiel. Um richtig zu begeistern ist es für ein Familienspiel aber dann doch zu ruhig. Es läuft meist in geordneten Bahnen ab und letztendlich bestimmen die Warenkarten das Spiel.



17. Juli 2010 - (ms)

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