Rezension von Gangster


(Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das uns freundlicherweise von Amigo-Spiele bereitgestellt wurde.)

Rezension

Ersteindruck
Das erste, was bei Gangster ins Auge fällt ist die recht ungewöhnlich Optik des Covers und der Spielmaterialien - 30er Jahre Flair in der Chicagoer Unterwelt. Das Spiel beinhaltet diverse Karton-Marker und Tableaus sowie einen recht großen Spielplan, der einen Stadtplan von Chicago zeigt. Abgerundet wird das Spielmaterial durch diverse Holz-Spielmaterialien: Autos, Punktezähler und 100 Gangster (Holzwürfel). Das Spielmaterial wirkt recht hochwertig und weiß zu gefallen, auch wenn Marker u. ä. aus Holz heute schon fast zum Standard gerechnet werden müssen. Im Plastik-Inlet lassen sich alle Spielmaterialien ordentlich unterbringen - sehr schön.

Die Anleitung von Gangster ist ob der wenigen Regeln recht kurz, aber sehr schön illustriert und bebildert. Alles wird anhand von Grafiken verdeutlicht, so dass eigentlich keine Regelfragen auf kommen sollten. Die Anleitung lässt sich gut lesen und runden den sehr guten Ersteindruck ab.

Thema & Ziel des Spiels
Prohibition, Gangsterbosse, Bandenkriege - das sind die 30er Jahre in Chicago und Grundlage für das Brettspiel von Amigo-Spiele. Die Stadtteile Chicagos sind hart umkämpft und jede Bande will die Vorherrschaft besitzen. Und wer sich den Bossen in den Weg stellt, der wird einfach am Hafen "entsorgt". Um das alles geht es in Gangster. Wer am Ende der dritten "Abrechnung" die meisten Einflusspunkte gesammelt hat, ist der "King of Chicago".

Spiel-Vorbereitungen
Das Spielbrett kommt in die Mitte. Jeder Spieler erhält folgendes in seiner Farbe: 1 Gangstertableau, 9 Gangster (Holzwürfel), 3 Bewegungskarten, 1 Einflussmarker (kommt auf das Feld Null der Leiste), 1 Auto und (verdeckt gezogen) eine Sonderausrüstung. Die restlichen Sonderausrüstungen werden gemischt und 3 Kärtchen offen auf die 3 Hafenfelder gelegt. 10 der 15 Punktetafeln werden zufällig auf die Stadtteile verteilt. Die Casino- und Bezirkskarten werden getrennt voneinander gemischt.

Spielablauf
Zuerst wird die Startaufstellung hergestellt. Jeder Spieler zieht reihum 2 Bezirkskarten. Auf den ersten gezogenen Bezirk legt jeder Spieler sein Auto sowie auf das erste Punktefeld einen seiner Gangster. Auf den zweiten Bezirk nur einen seiner Gangster. Zum Schluss wird noch eine Bezirkskarte gezogen - auf diesen Stadtteil wird der erste Doppler-Marker gelegt.

Nun läuft das Spiel in Runden ab. Ist ein Spieler an der Reihe kann eine der folgenden Aktionen durchführen.
  • Fahren
  • Einladen
  • Ausladen


Zum Fahren dreht der Spieler eine seiner offenen Bewegungskarten (mit den Bewegungsweiten 1 bis 3) um und zieht sein Auto die entsprechende Anzahl an Stadtvierteln weiter. Hat ein Spieler alle drei Bewegungskarten umgedreht, wird zunächst eine Bezirkskarte gezogen. Auf den gezogenen Bezirk kommt ein Doppler-Marker (bei Polizist passiert nichts) und der Spieler startet nun erneut mit seinen 3 offenen Karten.
Steht das Auto am Ende des Zuges im Hafengebiet, darf der Spieler sofort alle Gangster im Kofferraum "entsorgen", d.h. diese Gangster kommen aus dem Spiel. Dann muss er sich eines der 3 im Hafen ausliegenden Sonderausstattungsplättchen nehmen und dieses auf das linke Feld auf seinem Gangstertableu ablegen - Ausstattung, die auf diesem Feld lieft, wird auf das rechte Feld geschoben; Ausstattung, die dort liegt, kommt aus dem Spiel. Man darf dabei keine 2 gleichen Ausstattungen im Auto haben.

Beim Einladen wird ein beliebiger eigener oder fremder Gangster von der Punktetafel, in der aktuell das Auto steht, entfernt. Während es bei eigenen Gangstern keine Beschränkung gibt, ist im Auto (Kofferraum) maximal Platz für einen fremden Gangster. Durch das Einladen können auf der Punktetafel Lücken entstehen, die aber erst gefüllt werden, wenn das Feld rechts unten der Tafel belegt ist.

Das Ausladen geschieht analog zum Einladen - ein eigener oder auch fremder Gangster, der sich im Auto befindet, wird auf das nächste freie Feld der Punktetafel des betreffenden Stadtbezirkes gelegt. Dabei werden Lücken übersprungen und stattdessen recht unten weiter angelegt.

Wenn alle 8 Doppler-Marker auf dem Spielbrett liegen endet ein Durchgang und es erfolgt eine Wertung, die weiter unten beschrieben wird. Nach der Wertung werden alle Doppler-Marker vom Spielbrett entfernt, der Bezirkskartenstapel mit allen Karten neu gemischt und die oberste Karte gezogen - auf den gezogenen Bezirk wird die erste Doppler-Marke dieser Runde gelegt. Nun erhält jeder Spieler einen Nachschub an Gangstern (6 nach der ersten Wertung, 5 nach der zweiten Wertung). Nun beginnt ein neuer Durchgang, bis erneut alle 8 Doppler-Marken gesetzt sind.

Die Wertung:
Zunächst wird eine Casinokarte gezogen (die nach der Wertung aus dem Spiel kommt). Die Karte zeigt eine Zahl - dies ist die Punktzahl für alle "?" auf den Punktetafeln. Jeder Bezirk wird nun separat abgerechnet. Der Spieler, der die meisten Gangster in einem Bezirk hat, gewinnt die zuerst auf der Tafel angegebene Punktzahl, der Spieler, mit den zweitmeisten Gangstern die zweite Zahl usw.
Bei Gleichstand führt der Spieler, vom dem ein Gangster am weitesten rechts-unten auf der Tafel steht. Befindet sich auf dem Bezirk ein Doppler-Marker wird die Punktzahl für alle Spieler verdoppelt.

Das Spiel endet nach der 3 Wertung - wer nun die meisten Einflusspunkte gesammelt hat, gewinnt das Spiel.

Fazit
Zuerst einmal ein paar Worte zum Spielmaterial. Die Grafik-Gestaltung von Ganster ist wirklich gelungen und hebt sich deutlich von anderen Spielen ab. Sowohl das Spielbrett und die Marker als auch die Anleitung greifen diesen Stil auf - fehlt eigentlich nur noch, dass sich die Spieler mit Zigarre und Whiskey vor dem Spielbrett einfinden. Sehr schön gemacht. Die Anleitung ist übersichtlich und erklärt die Regeln sehr gut, so dass man sie eigentlich beim Spielen gar nicht mehr benötigt - so kompliziert ist Gangsters ja auch nicht.

Das Spiel selbst wusste ebenfalls zu gefallen. Auch wenn es eigentlich "nur" ein Hin- und Hergeschiebe von Gangstern zwischen den Stadtvierteln ist, motiviert es doch ungemein. Man ist stets damit beschäftigt, die aktuelle Situation zu untersuchen, um herauszufinden, wo welche Gefahr droht, was die Mitspieler wohl vorhaben und wo man noch etwas tun muss. Sehr angenehm ist dabei, dass Gangster auf große Glücksmomente verzichtet - lediglich die Auswahl der 8 (von 10) Stadtvierteln, die doppelt gezählt werden, die Festlegung wie viele Punkte das "?" am Rundenende einbringt und welche Kärtchen am Hafen ausliegen sind glücksbedingt. Der Rest des Spiels beruht komplett auf den Zügen der Spieler, und wir haben festgestellt, je mehr Spieler an Gangster teilnehmen, desto interessanter werden die Partien - da es einfach mehr zu bedenken gibt.

Auch wenn ich gesagt habe, dass es wenige Glückmomente gibt - gerade die Wertzuweisung des "?" und die Auswahl der doppelt gewerteten Stadtviertel kann natürlich über Sieg und Niederlage entscheiden. Ob man als ersten bei einer Wertung nur einen Punkt bekommt (weil das Fragezeichen eine "1" war) oder deren 10 (weil das Fragezeichen als "5" gewertet wird und zusätzlich noch der Doppelmarker zählt) spielt schon eine wichtige Rolle. Doch erfahrungsgemäß gleichen sich diese Effekte im Laufe der drei Runden meist gut aus. Durch die zufällige Verteilung der Punktekarten (und dadurch, dass ein 2. Platz auch mal höhere Punkte bringt, als ein erster Platz) gibt es auch keine klare Gewinnstrategie - sowohl gleichmäßige Verteilung als auch der Kampf um einzelne Stadtviertel führte zum Sieg.

Gangster ist ein Spiel, bei dem man oft mehr machen will, als man darf. Da es z.B. bei 5 Spielern schwer vorherzusehen ist, was zwischen eigenen Zügen passiert, gibt es oft mehr Brennpunkte, als man beheben kann - ein Punkt der Gangster in meinen Augen sehr interessant macht, denn man muss sehr genau abwägen (weil die Aktionen beschränkt sind) was man wo macht. Das geschickte Ablegen der eigenen (und auch der fremden) Gangster ist hier wirklich essentiell. Wer eben noch in einem Viertel geführt hat, kann beim nächsten Zug schon aus der Wertung gefallen sein. Auch die Auswahl der Sonderausrüstungen will wohl überlegt sein - wer noch viele seiner Gangster ins Spiel bringen muss, für den ist die Tür und/oder der Motor eine gute Wahl. Im Gegensatz dazu kann es im späteren Spiel hilfreich sein, 2 fremde Gangster im Kofferraum unterbringen zu können. Und die Tommy Gun hat schon so manchen sicher geglaubten Vorsprung im Nachbargebiet über den Haufen geworfen. Und gerade zum Ende einer Runde sollte man beachten, ob man vor der Wertung überhaupt noch an die Reihe kommt.

Gangster spielt sich ein bisschen wie El Grande, hat aber einige Punkte, um sich davon zu abzusetzen. Man bekommt für aktuell 25 Euro einen sehr fairen Gegenwert mit wirklich schönem Spielmaterial, das immer zweckmäßig ist. Lediglich die Verbindungen zwischen den Stadtvierteln auf dem Spielbrett hätten etwas deutlicher hervorgehoben werden können. Die Spieldauer ist mit ca. 1 Stunde angenehm und durch das ständige Hin und Her sowie das schnelle Spielprinzip recht kurzweilig. Durch die hohe Spielerinteraktion ist immer Leben am Tisch und der eine oder andere Fluch, wenn der eigene Gangster im Hafenbecken verschwindet ist immer zu hören. Sowohl Familien als auch Strategen (wegen der Aktionen-Mangelverwaltung) haben keinen Grund, sich Gangsters nicht einmal anzusehen.



02. Dezember 2007 - (tp)

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