Rezension von Der Herr der Ringe - Das Kartenspiel


(Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das uns freundlicherweise vom Heidelberger Spieleverlag bereitgestellt wurde.)

Rezension

Optisch macht das Spiel "Herr der Ringe - Das Kartenspiel" vom Heidelberger Spieleverlag ein hervorragenden Eindruck. Das Cover, die Karten und die Marker sind sowohl grafisch als auch von der Qualität her im sehr guten Bereich anzusiedeln. Die meisten Karten sind sehr stimmungsvoll gezeichnet und pass gut zum Thema.

Die Anleitung enthält viele Beispiele, wirkt aber auf den ersten Blick etwas überfrachtet. Der Einstieg fällt nicht ganz leicht - mehr dazu im Fazit. Ebenfalls mehr im Fazit gibt es zu dem leidigen Thema Tiefziehteil; hier hätte man schön die Verpackung mit einem Tiefziehteil versehen können - statt dessen herrscht in der Packung Chaos und sie wirkt übergroß (Stichwort: Mogelpackung).

Thema & Ziel des Spiels
Zum "Herr der Ringe"-Universum von Tolkien brauche ich vermutlich keine großen Worte zu verlieren. In diesem Kartenspiel, welches kooperativ gespielt wird, versuchen die Spieler gemeinsam ein Szenario zu lösen, das durch das Ablegen und Ausspielen von Karten vorangetrieben wird. Je nach Szenario gibt es verschiedene Siegbedingungen, die es zu erreichen gibt.

Spiel-Vorbereitungen
Die Spieler entscheiden sich für ein Szenario und nehmen sich die entsprechen zu verwendenden Karten-Decks. In diesem Basisspiel werden 3 Szenarien mitgeliefert. Jeder Spieler wählt eine "Sphäre" und nimmt sich das entsprechende Starterdeck samt Heldenkarten - fortgeschrittene Spieler werden hier ihre eigenen Decks zusammenstellen. Jeder Spieler erhält einen Bedrohungszähler und platziert vor sich seine Heldenkarten - die restlichen Kartenstapel werden gemischt. Die Marker werden bereit gelegt. Jeder Spieler zieht 6 Karten seines Decks. Je nach Szenario werden weitere Karten ausgelegt.

Spielablauf
Das Spiel verläuft über mehrere Runden, die in folgende 7 Phasen unterteilt sind (je Runde beginnt ggf. der Startspieler; nachfolgende der andere Spieler):
  • Phase 1: Ressourcenphase Alle Spieler erhalten neue Ressourcen sowie eine neue Karte vom Spieler-Deck.
  • Phase 2: Planungsphase In dieser Phase können die Spieler Karten aus ihrer Hand "auf den Tisch" ausspielen. Um eine Karte zu spielen, muss der Spieler Ressourcen abgeben.
  • Phase 3: Abenteuerphase Hier stellen sich die Spieler dem Abenteuer und versuchen im Ablauf des gespielten Szenarios weiter zu kommen. In dieser Phase kommen auch neue Begegnungskarten ins Spiel. Die Spieler entscheiden sich, welche Helden/Charaktere sie für das Abenteuer einsetzen wollen - diese können (i.d.R.) im weiteren Verlauf der Runde nicht mehr verwendet werden. Je nachdem wie der Vergleich der eingesetzten Karten (Willskraftwerte) gegenüber den ausliegenden Begegnungskarten (Widerstandswerte) ausfällt, erhalten die Spieler entweder Fortschrittsmarer oder sie müssen ihre Bedrohung erhöhen.
  • Phase 4: Reisephase In der Aufmarschzone können Orte liegen, zu denen die Spieler reisen können (der Widerstandswert der bereisten Orte wird in Phase 3 nicht mitgerechnet, die Spieler müssen dafür aber mehr Fortschrittsmarker sammeln, um weiter im Abenteuer fortzuschreiten).
  • Phase 5: Begegnungsphase In dieser Phase werden die Kämpfe vorbereitet. Die Spieler können freiwillig mit Gegnern in der Aufmarschzone in den Kampf eintreten oder die Gegner werden den Spielern zugeteilt (wobei starke Gegner erst bei einem hohen Bedrohungsgrad ins Spiel kommen).
  • Phase 6: Kampfphase Jeder Gegner wird nun separat bekämpft. Charaktere und Helden können als Verteidiger benannt werden und die Gegner erhalten eine zusätzliche Karte, von der die Schatteneffekte ausgewertet werden. Der eigentliche Kampf wird durch den Vergleich von Angriffs- und Verteidigungsstärke ausgetragen.
  • Phase 7: Auffrischungsphase Alle "erschöpften" Karten werden wieder ins Spiel gebracht und jeder Spieler erhöht seine Bedrohung um 1.

Das Spiel endet, wenn alle Spieler den Bedrohungsgrad von 50 erreicht haben mit einer Niederlage, bzw. mit einem Sieg, wenn die Spieler den letzten Schritt des Szenarios überstanden haben.

Fazit
Ich war sehr gespannt auf dieses Spiel, weil ich einerseits ein Fan von "Herr der Ringe" bin, andererseits aber (Sammel-)Kartenspiele und kooperative Spiele nicht gerade zu meinen Favoriten gehören. Um ein Fazit vorweg zu nehmen: Herr der Ringe - Das Kartenspiel hat mich persönlich trotz meiner o.g. Vorbehalte überzeugen können. Es ist eine gelungene Umsetzung des Themas, die sich nicht alleine auf ihren schlagkräftigen Namen verlässt.

Der Einstieg in das Spiel fällt aufgrund der etwas unstrukturierten Anleitung nicht ganz leicht. Obwohl der Spielablauf mehr oder weniger chronologisch erläutert wird, muss man viele Begriffe "lernen", die im Rahmen der Spielerklärung verwendet werden: Da gibt es Willenskraft gegen Widerstand, Orte und aktive Orte, Kampfbereitschaft, Kampfproben und die eigentlichen Kämpfe, Aktionen und Reaktionen sowie diverse Schlüsselwörter auf den Karten. All das verwirrt anfangs etwas - zum Glück hält die Anleitung genügend Beispiele und Abbildungen bereit, so dass man das erste Spiel zwar etwas langsam aber dennoch gut anhand der Anleitung durchspielen kann- man wird zwar den einen oder anderen Fehler machen, aber schon ab der 2. Partie geht der Ablauf flüssiger von der Hand und man kann sich auf das eigentliche Spiel konzentrieren.

Die Umsetzung als kooperatives Spiel (das auch alleine gespielt werden kann) ist interessant und gelungen. Ständig gilt es mit dem Spiel-Partner zu kommunizieren, um die besten Optionen zu erforschen. Das System mit der "Aufmarschzone" sorgt im Verlauf des Spiels für Spannung. Der Glücksfaktor ist bei dieser Art Spiel natürlich recht hoch. In fast allen Spielphasen ist man auf das Ziehen von Karten angewiesen, was ggf. auch über Erfolg und Misserfolg entscheiden kann.

Positiv anzumerken ist, dass das Herr der Ringe Kartenspiel kein klassisches Sammelkartenspiel sondern ein Living Card Game (LCG) ist, so dass man keine Unsummen investieren muss, um an seltene oder mächtige Karten zu gelangen. Ein weiterer positiver Effekt ist, dass die Szenarien, die man hier spielt, gut auf die Karten abgestimmt werden können. Natürlich wird das Spiel erst durch die Erweiterungs-Sets (je 60 Karten inkl. neuem Szenario) und die Möglichkeit eigenen Kartendecks zu erstellen sein volles Potential entfalten können. Die Ankündigungen der ersten Sets versprechen hier bereits einige neue Mechanismen. Das Basis-Spiel bietet aber genügend Wiederspielwert, um einige Spielabende zu füllen.

Die Qualität der Karten und der Marker ist durchweg überdurchschnittlich - die Welt von Tolkien wird glaubhaft und stimmungsvoll dargestellt. Lediglich bei der Verpackung gibt es (wie so oft bei Umsetzungen von Fantasy Flight Games) Grund zum Meckern. Die Verpackung ist für das gelieferte Material viel zu groß und statt Tiefziehteil zum Unterbringen der Karten gibt es nur ein Papp-Stück, in dem die Karten umherfliegen. Schade, dass der Heidelberger Spielverlag hier die Verpackung des engl. Originals übernommen hat.

Mir hat die Reise durch Mittelerde (die erst am Anfang steht) gut gefallen - ein nach holprigem Start leicht von der Hand gehendes Spiel und eine überschaubare Spieldauer mit einem (für mich) sehr interessanten Thema machen aus dem Spiel einen definitiven Tipp für die Spielabende der nächsten Zeit.



21. Juni 2011 - (tp)

Rezensionsbilder