Rezension von Toledo


(Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das uns freundlicherweise von KOSMOS bereitgestellt wurde.)

Rezension

Ersteindruck
Das Spielmaterial von Toledo ist Kosmos wirklich gelungen. Angefangen vom schön illustrierten Cover und Spielplan, über die Gestaltung der (auf dicker Pappe gedruckten) Marker und Plättchen bis hin zu den bunten Edelsteinen. Hier gibt es nichts zu bemängeln. Für (aktuell) ca. 26 Euro bekommt man einen fairen Gegenwert für sein Geld. Weiterer Pluspunkt: Sämtliches Spielmaterial lässt sich säuberlich getrennt in der Verpackung unterbringen. Vorbildlich.

Die Anleitung ist ebenfalls schön illustriert und erklärt die wenigen Regeln in logischer Schrittfolge sowie mit diversen Beispielen und Bildern. Auch an der Anleitung gibt es nichts auszusetzen - insgesamt ein gelungener Ersteindruck.

Thema & Ziel des Spiels
Toledo ist eine Stadt in Spanien, die sich im 10. Jahrhundert einen Namen bei der Herstellung von Stahl machte. Diese Stadt ist Schauplatz des gleichnamigen Spiels. 2 Sehenswürdigkeiten von Toledo sind die Kathedrale Santa Maria sowie die Festung Alcazar, die es als Start- bzw. Zielfeld ebenfalls auf den Spielplan geschafft haben. Die Spieler versuchen durch das Schmieden von Schwertern möglichst viele Ruhmpunkte zu sammeln. Der Spieler mit den meisten Ruhmpunkten gewinnt das Spiel.

Spiel-Vorbereitung
Der Spielplan kommt in die Tischmitte. Die Gemäldekarten werden absteigend nach Wert sortiert und offen auf das vorgesehene Feld gelegt. Fecht- & Schwertmarker werden ebenfalls, genauso wie der gemischte und verdeckte Gelkartenstapel, auf die entsprechenden Felder des Spielplans gelegt. Jeder Spieler erhält (in seiner Farbe) 5 Spielfiguren (die auf die Kathedrale gestellt werden) sowie 8 Geschäftstafeln und zieht 5 Geldkarten auf die Hand.

Spielablauf
Das Spiel geht reihum. Jeder Spieler führt genau eine der folgenden 4 Aktionen durch:
  • 2 Geldkarten vom Stapel ziehen
  • 1 Geschäftstafel auf ein leeres Spielplanfeld legen
  • Eigene Spielfigur(en) bewegen. Dazu legt der Spieler eine Geldkarte ab und bewegt eine Figur so viele Felder voran, wie die Karte anzeigt. Die Bewegung darf aber nicht auf einem leeren Feld enden. Befindet sich auf dem Feld ein leerer Kreis, muss der Spieler seine Figur dort hinsetzen und kann das Geschäft nutzen. Nun kann der Spieler weitere Geldkarten mit dem gleichen Wert spielen und weitere (beliebige) Figuren ziehen. Befindet sich auf dem Feld kein leerer Kreis, muss der Spieler entweder mit einer Geldkarte (mit gleichem Wert) weiterziehen oder den/einen der Spieler zum Duell herausfordern.
  • 1 eigene Spielfigur zurück auf die Kathedrale setzen.

Um ein Geschäft zu nutzen muss der Spieler, wenn es sich um fremde Geschäfte handelt, eine Geldkarte an den Besitzer geben, die mindestens dem Wert der Reihe entspricht (1 für unterste Reihe, 3 für mittlere Reihe, 5 für oberste Reihe) - gewechselt wird nicht. Bei den Geschäften erhält der Spieler entweder 1 Metall (Metallhändler), 1 Edelstein (Edelsteinhändler), 1 Schwert (Schwertschmied - der Spieler muss die angegebenen Kosten bezahlen), 1 beliebiges Fechtmeisterplättchen (Fechtmeister - kein Spieler darf ein Plättchen doppelt besitzen), 3 Geldkarten vom Stapel (Taverne) bzw. die oberste Gemälde-Karte (Künstler).

Es gibt 4 verschiedene Fechtmeisterplättchen: 3 (farbige), die bei Duellen vorteile bringen und das graue Bewegungsplättchen. Hat ein Spieler das Bewegungsplättchen, darf er eine beliebige andere Geldkarte (mit anderem Wert) pro Spielzug spielen. Jeder Spieler darf maximal 3 Fechtmeisterplättchen besitzen; beim Erwerb des 4. Plättchens muss ein beliebiges anderes Plättchen abgegeben werden.

Duelle werden in Runden durchgeführt, bis ein Spieler 2 Runden gewonnen hat. In jeder Runde wird die oberste Geldkarte aufgedeckt. Besitzt genau ein Spieler ein Fechtmeisterplättchen in der Farbe, die auf der Karte abgedruckt ist, gewinnt er diese Runde. Besitzen beide oder kein Spieler ein solches Plättchen, gewinnt der Angreifer, wenn die linke Figur auf der Karte deutlich gezeichnet bzw. der Verteidiger, wenn die rechte Figur hervorgehoben ist. Der Verlierer stellt seine Figur zurück auf die Kathedrale. Der Gewinner bleibt auf seinem Feld stehen (Verteidiger) bzw. zieht auf das frei gewordene Feld (Angreifer). In beiden Fällen ist der Angreifer weiterhin am Zug.

Zieht eine Figur auf eines der beiden runden Alcazar-Felder, ist diese Figur aus dem Spiel. Der Spieler kann nun ein gesammeltes Schwertplättchen unter diese Figur legen. Sobald ein Spieler mindestens 3 Figuren im Alcazar stehen hat, endet das Spiel, sobald alle anderen Spieler ebenfalls noch eine Runde gespielt haben. Es gewinnt der Spieler mit den meisten Ruhmpunkten. Punkte gibt es für (im Alcazar liegende) Schwertplättchen (Wert ist aufgedruckt), gesammelte Gemälde (Wert ist aufgedruckt) sowie für je 2 gesammelte Edelsteine (1 Punkt). Der Spieler, der das Bewegungsplättchen (grau) besitzt, zieht 2 Punkte von seinem Wert ab. Bei Gleichstand gewinnt der Spieler mit den meisten Handkarten; bei erneutem Gleichstand, der Spieler mit der höchsten Kartensumme.

Fazit
Zwei Dinge gleich vorweg: Erstens: Toledo ist ein Spiel mit gelungenem Spielmaterial, das rein optisch einen guten Eindruck macht. Zweitens: Das Spiel kann mit dem optischen Eindruck nicht ganz mithalten, ist in meinen Augen als unkompliziertes Familienspiel durchaus ein paar Partien wert.

Zum optischen Eindruck habe ich ja bereits im Ersteindruck alles notwendige gesagt. Schönes Spielmaterial und gelungene Aufbewahrung der einzelnen Karten, Plättchen und Edelsteine bilden einen positiven Rahmen für das eigentliche Spiel. Doch warum kann Toledo diesen optischen Standard beim Spielverlauf nicht ganz halten.

Dies liegt m. E. an mehreren Dingen: Zunächst an der Spielerzahl. Bei nur 2 Spielern kann man das Betreten der fremden Geschäfte und das Zahlen von Abgaben (Monopoly lässt grüßen) oft vermeiden und so entwickeln sich 2-Spieler-Spiele oft zu einem nebeneinander her spielen. Bei 3 oder 4 Spielern muss man wohl oder übel des öfteren fremde Geschäfte betreten und dem Mitspieler somit "Rohstoffe" überlassen. Da man selbst natürlich auch gerne Abgaben von anderen Spielern erhält, führen diese Spielerzahlen dazu, dass man i. d. R. zunächst versucht, so viele eigene Geschäfte wie möglich zu platzieren. Da dies die anderen Spieler ebenfalls machen, ist die Häuserreihe (Caylus lässt grüßen) bald voll gefüllt und das Spiel wird mehr oder weniger zu einem Zugspiel.

Des Weiteren ist Toledo sehr glückslastig, da die gezogenen Karten gleich mehrfach Verwendung finden. Als Zahlungsmittel, als Bewegungsweite sowie für die Bestimmung des Siegers bei Duellen - das macht eine vernünftige Planung schwierig. Gerade die Duelle sind mir persönlich zu sehr abhängig vom Glück. Natürlich kann man Fechtplättchen erwerben und so seine Chancen erhöhen, in unseren Partien wurde aber weitgehend auf das ausfechten von Duellen verzichtet, wenn es auch andere Zugmöglichkeiten gab. Weiterer Unsicherheitsfaktor ist das Spielende. Außer durch Duelle durch kann man Spieler, die das Spiel beenden wollen nicht davon abhalten. Da man durch das Ausspielen mehrere Karten und das problemlos große Strecken zurücklegen kann, besteht die Gefahr, dass ein Spiel schneller zu Ende ist, als man meint. Gerade ein Spieler, der ein Schwert mit hohem Wert erworben hat, wird versuchen, dies (und ggf. alle seine Figuren) möglichst schnell zum Alcazar zu bringen.

Die obigen Ausführen lassen es erahnen: Strategen werden mit diesem Spiel nicht glücklich. Es vermittelt zwar zunächst einen hohen Grad an Alternativen und Spielentscheidungen, diese werden aber oft durch das Spielprinzip vorgegeben. Auch zu zweit macht das Spiel nicht wirklich Spaß, da i. d. R. jeder Spieler "vor sich hin" spielt. Trotz dieser Mängel kann Toledo als "Familienspiel" durchaus einen Blick wert sein. Die Regeln sind schnell erklärt, die Spieldauer liegt deutlich unter einer Stunde und es ist eine gleichmäßig verteilte Mischung aus Strategie und Glücksfaktor. Auch das Spielmaterial trägt einiges zum Spielspaß bei. Der Preis von aktuell knapp über 25 Euro ist für das gebotene Spielmaterial durchaus gerechtfertigt, so dass das abschließende Fazit lautet: Familien und Gelegenheitsspieler sollten mal reinschauen - alle anderen dürften von diesem Martin Wallace-Spiel etwas enttäuscht sein.



15. Februar 2009 - (tp)

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