Rezension von Carnival of Monsters


(Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das uns freundlicherweise vom Verlag Amigo-Spiele bereitgestellt wurde.)

Rezension

Carnival of Monsters
Die königliche Monstrologische Gesellschaft kommt jedes Jahr zusammen, um einen weiteren Monsterexperten in ihrer Mitte aufzunehmen. Deshalb legen wir uns ins Zeug: Wir jagen Monster und exotische Kreaturen in den entlegensten Gebieten, wir sperren sie ein und hoffen, mit unseren Monster-Schätzen derjenige zu sein, der in diesem Jahr in den exquisiten Klub aufgenommen wird. Soweit, so klar?

Spielablauf
Carnival of Monsters ist ein Drafting-Spiel. Über vier Saisons geben wir unsere Karten mal in die eine Richtung, mal in die andere Richtung weiter und behalten pro Runde selbst immer eine. So werden die acht Karten, die wir jeder zu Beginn einer Saison auf der Hand haben, innerhalb der Saison auf die Spieler verteilt. Verschiedene Kartentypen buhlen um unser Interesse: Da sind zum einen die Länderkarten von sechs verschiedenen Ländern. Je mehr Karten eines Landes wir besitzen und je höher deren Punktezahl ist, desto höher ist unsere Chance, dass wir die Monster dieses Landes auch ergreifen und fangen können. Dann sind da die Monsterkarten, die wir in den sechs verschiedenen Ländern fangen können. Mal sind die Monster stärker, mal sind sie schwächer. Mal erlauben sie und noch eine weitere Karte zu nehmen, mal müssen wir beim späteren Ausspielen in unsere Auslage noch eine zusätzliche Stärkeprobe bestehen – könnte ja sonst jeder kommen und jedes x-beliebige Monster jagen und fangen können! Daneben gibt es noch Mitarbeiterkarten, die uns bei der Jagd unterstützen, Aktionskarten und natürlich wie immer, sogenannte Zielkarten, die uns am Ende des Spiels Punkte einbringen, wenn wir bestimmte Ziele im Spiel erfüllen konnten.

Jedes Mal, wenn wir uns eine Karte nehmen (und wir müssen uns immer eine Karte nehmen, auch wenn wir keine von ihnen gebrauchen können!), müssen wir uns entscheiden, ob wir die Karte gleich in unsere offene Auslage legen oder ob wir sie uns zunächst aufheben, was uns eine Geldeinheit kostet. Karten aufheben müssen wir vor allem, wenn wir Länder- und Monsterkarten noch nicht ausspielen können. Haben wir dafür kein Geld mehr, so müssen wir einen Kredit aufnehmen, der uns am Spielende in jedem Fall Minuspunkte einbringen wird.

Am Ende jeder Saison würfeln wir zentral für alle Mitspielenden, wie viele Monstersymbole wir auf den besonders starken Monsterkarten ignorieren können. Besitzen wir mehr dieser Symbole als gewürfelt, so müssen wir die anderen mit Käfigsymbolen ausgleichen, ansonsten werden wir auch an dieser Stelle ordentlich zur Kasse gebeten. Und wir werten das jeweilige Saisonziel aus, bei dem meist der von uns profitiert, der von einer bestimmte Monsterart am meisten in seiner offenen Auslage vorweisen kann. Sind vier Saisons gespielt, so werten wir unsere Punkte aus und erhalten vor allem durch unsere ausliegenden Monstern und unsere Zielkarten für das Spielende Siegpunkte.

Gesamteindruck
Amigo versammelt für Carnival of Monsters das „Who is Who“ der Spielszene: Richard Garfield kreiert und Lohausen, Menzel, Schlemmer, Stephan, Vohwinkel und Hoffmann illustrieren. Überraschend ist zunächst einmal, dass ein solches Spiel bei Amigo erscheint. Regelumfang, Thema, Schachtelgröße und düstere Atmosphäre scheinen auf den ersten Blick nicht so recht zu den sonst verlegten Spielen zu passen. Aber warum nicht. Ich würde mich freuen, wenn Amigo in Zukunft sehr viel häufiger solche Spiele veröffentlichen würde. Denn rein optisch zeigt Carnival of Monsters dass sie das können! Überdenkenswert empfinde ich für die Zukunft allerdings den selbstgewählten Skala-Aufdruck auf der Schachtelrückseite. Zwar mag das Spiel im Vergleich zum bisherigen Amigo-Verlagsprogramm durchaus für „Experten“ und „Strategen“ als für „Familie“ und „Glückpilze“ geeignet sein, aber im Vergleich zu der ganzen Masse anderer Spiele, die sich in den Regalen der Spielwarenläden befinden, hätte da in beiden Kategorien eine Einordnung maximal im Mittelfeld eher gepasst.

Die Spielausstattung lässt nichts zu wünschen übrig: Hochwertiges und stimmig designtes Material, besonders bei der Illustration der Spielkarten. Gewiss hätte es die einzelnen Spielertableaus und das „Spielbrett“ zur Ablage der Karten, einiger Spielchips, der drei Würfel und der viel zu vielen Geldmünzen nicht unbedingt benötigt, und das Spiel hätte auch als reines Kartenspiel in einer sehr viel kleineren Verpackung vermarktet werden können. Hier müssen aber auch die Vermarktungszwänge von KOSMOS bedacht werden. Ein solches Kartenspiel hätte dann nicht zu dem jetzigen Preis auf den Markt gebracht werden können und die stattliche Menge an beauftragten Illustratoren wäre dann wahrscheinlich auch nicht möglich gewesen. Deshalb geht das schon in Ordnung.

Kommen wir zum Spiel selbst. Richard Garfield legt uns hier ein Spiel mit zentralem Drafting- Mechanismus vor. Hat er übrigens schon einmal vor vier Jahren mit Schatzjäger getan. Schatzjäger war damals für ein paar Partien gut, fiel aber insgesamt zu stark gegenüber schon damals existierenden, anderen Drafting- Spielen wie 7 Wonders oder Sushi Go ab. Im Gegensatz zu 7 Wonders, bei dem der Reiz darin liegt, Karten zu sammeln und auf einander abzustimmen (und natürlich gleichzeitig die beiden Nachbarn im Auge zu behalten, um nicht hinterrücks eins auf die Rübe zu bekommen), geht es hier eher in eine andere Richtung. Wir müssen abzuschätzen, welche unserer Handkarten es nochmal eine Runde herum schafft und welche wir lieber gleich nehmen sollten, weil sie es nämlich mit größter Wahrscheinlichkeit nicht tut. Dieses Abwägen funktioniert in einer kleineren Gruppe natürlich besser als in einer größeren. Bedeutet aber auch: In einer größeren Gruppe ist das Zufallselement daher höher als in einer kleineren. Gegen eine kleine Gruppe spricht dagegen wieder, dass in Carnival of Monsters ein Haufen Spielkarten enthalten ist. Je kleiner die Gruppe, desto kleiner ist auch die Menge an unterschiedlichen Karten, die innerhalb von vier Saisons überhaupt durch unsere Hände ziehen. Da kann es schon einmal leicht passieren, dass wir uns in einer dreier Spielgruppe auf zwei bestimmte Länder festgelegt haben und dann kommen und kommen keine entsprechenden Monster mehr. Daher dann lieber doch zu viert oder zu fünft spielen! Und wo wir gerade über den Zufall sprechen: Wo zusätzlich Würfel geschmissen werden, da ist noch mehr Zufall meist nicht weit weg. So auch hier. Es kann leicht passieren, dass jemand ordentlich Glück hat und alle seine Monstersymbole schon per Würfelzahl ausgeglichen werden. Andersherum übrigens auch. Nur doof, wenn es beide Male genau falsch herum für uns selbst ausgeht.

Unschön sind auch die Saisonkarten. In der ersten und zweiten Saison kommt es beinahe jedes Mal vor, dass einige in der Runde eine entsprechende Karte überhaupt nicht zu Gesicht bekommen und entsprechend auch überhaupt nichts dafür können, wenn sie hier leer ausgehen. In Saison 3 und 4 entscheidet dann meist der glückliche Umstand, wer von uns zufällig von der geforderten Monsterart schon mehrere Karten ausgespielt hat.

Negativ fällt auch auf, dass Carnival of Monsters einen sehr umständlichen Verwaltungs- Mechanismus besitzt: Wir legen die Monsterkarten innerhalb einer Saison vor uns aus. Hier gilt es schon nicht durcheinander zu kommen, wie viele Punkte unserer Länder wir denn nun schon für Monster ausgegeben haben. Dadurch, dass die Monster der Traumlande dann mit allen abgerechnet werden können, kommt es dann irgendwann zu einem ziemlichen Umhergeschiebe von Karten. Dann die beiden Stapel. Links die aufgehobenen Karten und rechts die schon erbeuteten Karten in der Menagerie: bloß nicht durcheinanderbringen! Zusätzlich noch die Kreditkarten. Warum wir die nicht wieder zurückzahlen dürfen? So ist das irgendwie Old-School. Erst recht, wenn ich in Saison 1 – ohne dass ich etwas dazu kann – einen Kredit aufnehmen muss, und in Saison 3 – wieder ohne eigenen Einfluss – die Zielkarte erhalte, die mir 6 Punkte einbringt, wenn ich im Spiel keinen Kredit aufgenommen habe. Lieber besser nicht darüber nachdenken, dass beides möglicherweise auch richtig fette Monster mit richtig fetten Siegpunkten hätten sein können. Natürlich, auch bei anderen Drafting-Spielen ist ein gewisser Glücksfaktor vorhanden, aber dort wird er meist dadurch ausgeglichen, dass wir insgesamt mehr mit den einzelnen Karten machen können, als sie nur zu sammeln. Hier ist es meist hop oder top.

Es existieren mittlerweile viele gute Drafting-Spiele auf dem Markt. Weder wird hier der Mechanismus mit einem besonders guten Thema zusammengebracht, noch eine neue Komponente hinzugefügt. Und: bereits existierende Spiele sind spielerisch besser umgesetzt. Und ab 12 Jahren das ganze? Na ja, wären nicht die Illustrationen so düster, und die Karten-Verwaltung so umständlich, dann könnte das auch gut ein Achtjähriger mit mir spielen. Denn Drafting ist eigentlich eine einfache Sache, wie schon Sushi go bewiesen hat.

Fazit
Carnival of Monsters sieht gut aus und die Schachtel versprüht einen gewissen coolen „Schauer- Charme“. Leider ist der Drafting-Mechanismus umständlich verpackt. Das ließe sich noch ertragen, wenn nicht der Glücksfaktor gleichzeitig so hoch wäre und es viel zu wenig Möglichkeiten gäbe, die Karten miteinander zu kombinieren. So macht das Spiel ein paar Partien Spaß, kommt dann aber nicht wieder auf den Tisch.

20. Mai 2020 - (Jan Drewitz)

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