Rezension von Ulm


(Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das uns freundlicherweise vom Verlag HUCH & friends bereitgestellt wurde.)

Rezension

Spielziel
In "Ulm" verkörpern die Spieler Bürger der historischen Stadt, welche mit Sparsamkeit und planerischem Geschick ihr Können unter Beweis stellen, um sich einen Platz in den Geschichtsbüchern zu sichern. Dazu müssen sie Einkommen erzielen, Karten erwerben, Kollekten durchführen, auf dem Fluss vorankommen undeigene Siegel in den einzelnen Stadtvierteln unterbringen.

Spielablauf
Der Zug eines Spielers gestaltet sich bei "Ulm" als recht simpel: Einen Aktionsstein aus dem Beutel ziehen, in das Münsterfeld einschieben und die drei daraus resultierenden Aktionen durchführen. Kernmechanismus des Spiels ist die Aktionsauswahl durch das Münsterfeld. Hierbei handelt es sich um ein 3x3 Felder großes Raster auf dem Spielplan, welches Anfangs zufällig mit Aktionssteinen belegt ist. Der Spieler schiebt von außen an einer beliebigen möglichen Stelle den neuen aus dem Beutel gezogenen Aktionsstein in das Raster, sodass die anderen drei Aktionssteine sich um je ein Feld verschieben und auf der anderen Seite einer aus dem Raster austritt. Nun darf der Spieler in beliebiger Reihenfolge genau die drei Aktionen der gewählten Reihe ausführen, die sich innerhalb des Rasters befinden.

Die möglichen Aktionen sind:
  • Eine Münze aus dem Vorrat nehmen.
  • Aktionssteine von einer Seite des Münsterfeldes an sich nehmen, die sich außerhalb des Rasters befinden.
  • Eine Karte kaufen (hierfür müssen zwei Aktionssteine abgegeben werden) oder eine Karte ausspielen.
  • Das eigene Boot auf der Donau ein Feld vorwärts rücken (dabei werden fremde Boote übersprungen).
  • Eine Siegelaktion in einem der Stadtviertel ausführen, zwischen denen sich das eigene Boot befindet (hierfür müssen zwei Münzen abgegeben werden).

Zusätzlich darf jeder Spieler in seinem Zug eine Handkarte ausspielen. Jede Karte erlaubt entweder einen einmaligen Bonus und wird danach abgeworfen oder bringt am Spielende Siegpunkte, hierfür legt sie der Spieler offen vor sich aus. So gibt es dann nochmal Punkte für bestimmte Kartensets oder für individuelle Ziele.

Nach 10 Runden ist das Spiel vorbei und es kommt zur Schlusswertung. Hierbei zählen die vor den Spielern ausliegende Karten. Hat es beispielsweise ein Spieler geschafft das Münster zusammenzustellen (drei bestimmte Karten) erhält er für dieses Set viele Punkte. Auch für die Position des eigenen Schiffes auf der Donau gibt es Punkte. Besitzt ein Spieler noch "Spatzen" (diese können im Spiel verwendet werden, um einen gezogenen Aktionsstein auszutauschen) erhält er für jeden einen Punkt.

Gesamteindruck
Bei "Ulm" fällt neben dem tollen Spielmaterial und der wunderschönen Aufmachung als Erstes der ungewöhnliche Aktionsmechanismus mit dem Münsterfeld auf. Dieser ist innovativ und macht Spaß. Da sich die Aktionsmöglichkeiten dort ständig ändern (durch das Ziehen aus dem Beutel und durch die Mitspieler) ist nur bedingt eine Planung möglich und eher ein taktisches Vorgehen gefragt, um aus der aktuellen Situation auf dem Münsterfeld das Beste zu machen.

Der Spielverlauf ist spannend und jeder Spieler spürt eine Entwicklung und ein Vorankommen im Spiel. Getrieben wird das auch durch die Boote, die im Laufe des Spiels von einer Seite des Spielplans Richtung andere Seite entlang der Donau schwimmen. Die Position meines Bootes legt fest, welche Stadtviertel ich gerade nutzen kann und welche Aktionen damit verbunden sind. Ich kann selber bestimmen, wie schnell mein Boot fährt und danach meine Strategie ausrichten.

Die Interaktion ist recht hoch. Zum einen durch das schon erwähnte Münsterfeld, aber auch durch die Stadtwappen, welche ich erwerben und somit ein Stadtviertel in Besitz nehmen kann, was mir wiederum Siegpunkte und Spatzen bringt. Bei "Ulm" ist es auch wichtig, die Mitspieler im Auge zu behalten und eventuell ihre Pläne zu durchkreuzen.

"Ulm" besitzt fast etwas zu viele Glückelemente für diese Art Spiel: durch das Ziehen der Aktionssteine aus dem Beutel, die Auslage auf dem Münsterfeld und die Stadtwappen. Auch passende Kartensets können sehr stark sein, da sie am Spielende viele Punkte bringen. Aber zum Glück trifft das Glück (oder Pech) alle Spieler, was wiederum für Ausgleich sorgt. Dieses Glück sorgt in "Ulm" aber auch für Abwechslung, ebenso wie das Ausprobieren von verschiedenen Strategien. Zwar ist das Sammeln von Kartensets eine der wichtigsten, aber es gibt noch viele andere Möglichkeiten, um an Siegpunkte zu kommen. In der letzten Runde können manchmal nicht mehr alle Aktionen sinnvoll genutzt werden. Und das Spiel kann gegen Ende etwas ins Stocken geraten, wenn über den besten Spielzug länger nachgedacht wird.

Die Spielregeln sind zweigeteilt und mit vielen Beispielen versehen. Das ermöglicht einen schnellen Einstieg. "Ulm" skaliert nicht nach Spielerzahl. Es spielt sich in jeder Besetzung gut, fühlt sich aber je nach Spielerzahl anders an. Zu zweit herrscht viel Platz in den Stadtvierteln und Kartensets lassen sich leichter sammeln. Zu viert kann es schon sehr eng werden und manche Siegelaktionen sind schnell erschöpft. Auch schreiten die Boote auf der Donau schneller voran. Somit funktioniert nicht jede Strategie bei jeder Besetzung gleich gut. Am besten hat mir "Ulm" zu dritt gefallen.

Trotz gebotener Abwechslung lässt die Motivation mit der Zeit etwas nach. Aber ein weiterer deutlicher Vorteil von "Ulm" sind die sehr angenehme Spieldauer von rund 60 Minuten, die tolle Aufmachung und der schnelle Einstieg. Noch erwähnen möchte ich ein paar weitere Schmankerl: die beiliegenden Kartensets in drei Sprachen, das schicke Münster in 3D und die dazu passenden Turmplättchen als Rundenzähler mit optionalen Sonderfunktionen.

Gesamteindruck
"Ulm" ist eine kleine angenehme Überraschung unter den aktuellen Taktik- und Strategiespielen. Das Spiel macht allen Spielern auf Anhieb viel Spaß. Es fesselt und fasziniert. Der Aktionsmechanismus ist innovativ und die Spannungskurve ist groß. Es gibt viele Strategien, die es auszuprobieren gilt und man muss sich geschickt den vorhandenen Glückselementen stellen.

06. März 2017 - (Michael Schmitt)

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