Rezension von Norderwind


(Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das uns freundlicherweise vom Verlag Kosmos bereitgestellt wurde.)

Rezension

Norderwind
Schiffe, Piraten und Handel – Schlagworte, die nicht selten in Spielen zu finden sind. So auch im neuen Spiel von Klaus Teuber "Norderwind", das im Kosmos-Verlag erschienen ist. Die Spieler übernehmen die Rolle von Handelskapitänen, die 3 Hafenstädte mit Waren beliefern müssen. Doch Piraten und das große weite Meer bilden einige der Hindernisse, die es zu meistern gilt.

Zentrales Spielmaterial bei Norderwind ist ein 3D-Schiff, das auf mehreren Pappteilen zusammengebaut wird, und welches durch Ausbauten verbessert werden kann. Dies alles hilft, die Bedürfnisse der 3 Zielhäfen zu erfüllen und so die begehrten Siegpunkte zu ergattern.

Vorbereitungen & Ablauf
Zunächst baut jeder Spiel das Schiff seiner Farbe zusammen (Rumpf & Deck, Mast, Krähennest). Die Siegpunkttafel wird bereit gelegt, die 3 Meeresstapel nach bestimmten Vorgaben gemischt und ausgelegt. Jeder Spieler erhält neben seinem Schiff 5 Gold, 1 Handelbrief, 10 Siegpunktsteine, 4 Mannschaftsmitglieder und 4 Kanonen. Das restliche Spielmaterial wird griffbereit ausgelegt. Das Schiff wird mit einer Kanone bestückt und das Segel (= die Schiffsgeschwindigkeit) in Kerbe 4 gesteckt.

Das Spiel geht reihum. Ist ein Spieler an der Reihe, führt er die folgenden 3 Aktionen durch:
  • Der Spieler zieht 1 Gold, wenn er kein Gold besitzt
  • Der Spieler führt seine Handelsfahrt (s.u.) durch
  • Der gewählte Meeresstapel wird neu gemischt

Während der Handelsfahrt deckt der Spieler von einem der 3 Meeresstapel (die jeweils einem der 3 Zielhäfen zugeordnet sind) nach und nach (maximal) so viele Meeresplättchen auf, wie sein Schiff schnell ist (Fahrweite des Schiffs). Wird eine Nebelplättchen aufgedeckt, würfelt der Spieler mit dem Ereigniswürfel – entweder trifft der Spieler nun auf einen Pirat oder er findet einen Schaft (Gold). Wird ein Aktionsplättchen aufgedeckt, kann der Spieler diese Aktion durchführen – maximal 2 Aktionen darf ein Spieler während einer Fahr durchführen, dann endet sein Zug automatisch. Führt er keine 2 Aktionen durch, erhält er am Ende seines Zugs einen Handelsbrief, falls er nicht schon 2 besitzt.

Die Aktionsplättchen sind die eigentlich wichtigen Spielelemente. Hier kann der Spieler z.B. Waren kaufen oder verkaufen, er kann sein Schiff mit diversen Verbesserungen ausrüsten (und so z.B. weiter "fahren", stärkere Piraten bekämpfen oder neue Mannschaftsmitglieder anwerben) oder bestimmte Waren an die Zielhäfen liefern (und dafür Siegpunkte erhalten). Die geforderten Waren der Zielhäfen werden von allen Spielern bedient, d.h. hier heißt es schnell zu sein. Auch wer die meisten Aufträge eines Hafens erfüllt hat, wer eine komplette Mannschaft anheuert oder alle Häfen anfährt erhält Siegpunkte.

Der Kampf gegen Piraten wird per Würfelwurf entschieden, den man durch den Kauf von weiteren Kanonen aber für sich beeinflussen kann.

Wer 10 Siegpunkte besitzt, gewinnt das Spiel.

Fazit
Der Name "Klaus Teuber" spricht noch immer für sich und erweckt hohe Erwartungen an das neue Spiel "Norderwind". Der erste Eindruck betrifft das Spielmaterial und hier kann das Spiel die Erwartungen locker erfüllen – Klaus Teuber und Kosmos haben sich wirklich nicht lumpen lassen, das 3D-Schiff (auf Pappteilen zusammengebaut) samt Aufbauen (Segel, Kanonen, Mast,…) sieht nicht nur äußerst hübsch aus, es ist auch sinnvoll in das Spielgeschehen integriert. Der Ausguck wird auf die obere Plattform gesteckt, die Waren landen im Lagerraum, die Kanonen zieren die Reling und das Segel "wandert" am Mast empor, wenn das Schiff mehr "Geschwindigkeit" hat. Auch die Qualität ist toll: stabiles Spielmaterial, hübsche Illustrationen und ein passendes Tiefziehteil – hier gibt es nichts zu meckern.

Nun zum Spielablauf: Hier hat Klaus Teuber die altbekannten und –bewährten Spielmechaniken neu zusammengebaut. Man findet den Handel untereinander, die strategische Vielfalt, die Glückselemente beim Aufdecken der Meereskarten und Siegpunkte. An sich spielt sich Norderwind sehr stimmig. Stets hat man viele strategische Möglichkeiten und alle können am Ende zum Sieg führen – eine eindeutige Siegstrategie gibt es bei Norderwind nicht – lediglich den Kauf- & Verkauf von Waren (also den Geldfluss) darf man nicht vernachlässigen. Zu wenig Geld am falschen Zeitpunkt kann schnell alle Siegchancen vernichten.

Nun zum Glückselement, dem Aufdecken der Meereskarten. Natürlich kann (und sollte) man dies durch die "Geschwindigkeit" des Schiffes reduzieren, ganz "aus dem Spiel nehmen" kann man es allerdings nicht und wenn bei der x-ten Fahrt der ersehnte Hafen wieder nicht erscheint (und ein anderer Spieler den anvisierten Siegpunkt vor der Nase wegschnappt), kann Norderwind auch ganz schön frustig sein. Aber auch bei Siedler kam die "7" ja immer zum falschen Zeitpunkt. Dergleichen gilt für die Kämpfe gegen die Piraten – auch hier bleibt natürlich (trotz Kanonenausbau) das Würfelglück allgegenwärtig.

Der Handel zwischen den Spielern ist durch die Handelsbriefe zwar gegeben, beschränkt sich aber oftmals auf die erste Spielhälfte und machte hatte keinen so großen Einfluss auf das Spiel wie z.B. in Catan.

Letzter Punkt dieses Fazits: Wartezeiten und Wiederspielwert. Dadurch, dass die Handelsbriefe keinen allzu hohen Einfluss (zumindest bei uns) hatten, agieren die Spieler oftmals nebenher. Sprich: Was der andere Spieler macht, hat oftmals keine direkten Einflüsse auf mich (bzw. kann ich selbst nicht beeinflussen). Das ist etwas schade. Auch der Wiederspielwert nimmt definitiv mit der Zeit ab, da sich die Partien sehr ähneln und es auch innerhalb einer Partie nur einen begrenzten Spannungsbogen gibt.

Was bleibt: "Norderwind" ist ein optischer Leckerbissen, der mit einigen neuen kleinen Ideen durchaus zu auftrumpfen kann und eher auf Familien und Gelegenheitsspieler ausgerichtet ist, als auf Strategen. "Norderwind" ist definitiv kein schlechtes Spiel, kann die Erwartungen (die vielleicht auch zu hoch waren) hinsichtlich Langzeitmotivation und Spannungsbogen aber nicht erfüllen. Aufgrund der Optik verzeihe ich aber den etwas eintönigen Spielablauf und kann zu einem Blick auf das Spiel durchaus anraten, wenn man nicht gerade auf der Suche nach einem Spiel ist, das einen die kommenden Jahre begleiten muss.



22. August 2014 - (tp)

Rezensionsbilder