Rezension von Mondo Sapiens


(Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das uns freundlicherweise von Pegasus Spiele bereitgestellt wurde.)

Rezension

Ersteindruck
Am Anfang schuf Vlaada Chvatil Galaxy Trucker. Und das Spiel war hektisch und komplex. Und Michael Schacht sprach: Lasset uns ein Spiel machen, das ihm gleich sei, welches aber nicht so ausartet in der zeitlichen Länge und seinen Regeln. Und Schacht verlegte das Spielthema vom Weltraum auf die Erde und schuf Landschaften und Tiere des Waldes, der Steppe, der Wüste und des Meeres. Und er nannte das Spiel "Mondo“. Und Schacht sah, dass es gut war. Und Schacht sprach: Lasset uns Menschen machen, die da herrschen über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über alle Tiere des Feldes und über alles Gewürm, das auf Erden kriecht. Und er schuf sie als Fischer, Schäfer und Holzfäller. Und er nannte das neue Spiel "Mondo Sapiens".

Und wir sahen, dass es... (gemach, gemach. Diesen Teil gibt es erst im Fazit!)

Thema & Ziel des Spiels
Wie bei Mondo erschaffen wir in kürzester Zeit auf unserem Spielplan eine kleine Welt und versuchen nebenbei durch die richtigen Plättchen am richtigen Plätzchen die meisten Punkte innerhalb von drei Runden abzustauben. Gleichzeitig und in ständiger Konkurrenz zu unseren Mitspielern grapschen wir alle nach den offen liegenden Landschaftsplättchen in der Mitte, um die für uns besten zu ergattern. Spätestens wenn die Weltenuhr bimmelt ist alles vorbei und wir werten alle unsere Welten auf einem Abrechnungsbogen aus.

Spiel-Vorbereitungen
Wie bei Mondo bekommen wir alle eine der vorgegebenen Weltentafeln mit der gleichen Zahl. Die Landschaftsplättchen werden in die Mitte des Tisches gelegt und gut gemischt. Je nach ausgewählter Schwierigkeitsstufe werden noch eigene Bonusplättchen bereitgelegt. Zuletzt wird die Uhr auf eine vorher festgelegte Zeit eingestellt (ACHTUNG: Damit sie lange hält, sollte sie immer einmal bis zum Anschlag vorgedreht werden, um sie dann wieder auf die gewünschte Zeit zurückzudrehen!)

Spielablauf
Wie bei Mondo greifen, grapschen und schnappen wir nach den Landschaftsplättchen, um sie auf unserem Weltentableau aneinanderzureihen. Dabei darf immer nur an die schon gelegten Plättchen wieder angelegt werden und wir versuchen möglichst Anschlussfehler, die Minuspunkte bringen, zu vermeiden, denn was liegt das liegt!

Wir dürfen zum Suchen und Legen der Plättchen nur eine Hand benutzen und Vorder- und Rückseite verwenden. Mehr als ein Plättchen dürfen wir nicht in der Hand haben. Entweder sie kommen von der Hand wieder in die Mitte oder auf eines der freien Felder neben unsere anderen Plättchen. Wasserseite darf immer nur an Wasserseite gelegt werden, Wiese an Wiese und Wald an Wald. Wege können aber auch einfach abgetrennt werden. Die Schnellsten unter uns dürfen, wenn sie fertig sind, nach den Bonuschips mit Pluspunkten greifen. Wenn die Weltenuhr nach 5-7 Minuten klingelt, hören wir alle auf und werten unser Werk aus.

Einen Punkt gibt es für jeden Menschen und für jeden Straßenabschnitt, wobei ein Punkt für jede Straße wieder als Baukosten abgezogen wird. Für jede abgeschlossene und fehlerfreie Landschaft erhalten wir zwei Punkte. Minuspunkte erhalten wir für Anlegefehler und noch freie Felder auf unserem Tableau. Außerdem erhält derjenige, der die meisten aktiven Vulkane sein eigen nennt, für jeden einen Minuspunkt.

Ein Spiel geht über drei dieser Durchgänge. Für denjenigen, der in der aktuellen Runde die meisten Punkte errungen hat, zählen im nächsten Durchgang auch die inaktiven Vulkane als aktive Vulkane.

Soweit zum Einsteigerspiel. Wie bei Mondo können wir nach wenigen Runden dann auch das Spiel im Fortgeschrittenen- bzw. Expertenmodus spielen. Im Fortgeschrittenenspiel hat jeder von uns die Möglichkeit eigene Dorfplättchen in seiner Welt unterzubringen, nur mit dem dazugehörigen Dorf zählen die Fischer, Schäferinnen und Holzfäller jetzt Punkte. Derjenige mit den meisten einer Art bekommt außerdem drei Pluspunkte. Im Expertenspiel ziehen wir von acht Gebäudeplättchen zufällig vier. Jeder, der mindestens schon der Landschaftsplättchen auf seiner Tafel zu liegen hat, darf höchstens eines dieser Gebäude nehmen und sofort anlegen. Mit diesen Gebäuden, die übrigens auch auf manchen der Weltentableaus schon aufgedruckt sind, kann man zusätzliche Punkte erhalten. Die Kutschstation bringt beispielsweise für jede Kutsche auf derselben Straße einen Punkt, für den Leuchtturm zählt jedes Schiff in derselben Wasserlandschaft einen Punkt usw.

Gesamteindruck
Wie bei Mondo regieren Stress und Chaos, trotzdem legt der Nachfolger im Expertenmodus gefühlt noch einmal eine Schippe drauf. Denn der Möglichkeiten sind da viele: ordentlich Menschen sollen es sein, viele Landschaften sowieso, dafür aber wenige Vulkane, dann am besten eine ganz lange zusammenhängende Straße, vielleicht noch mit vielen Kutschen und der Kutschstation, und wenn wir schon dabei sind, gleich so, dass die Straße die Weinfässer mit dem Wirtshaus verbindet. War da noch etwas? Ach ja, Mist, jetzt haben wir doch tatsächlich vergessen die Dörfer zu legen... Mondo Sapiens fordert uns noch mehr zur ständigen Punkteoptimierung und -maximierung heraus. Nicht nur das eigene Brett, auch die der anderen gilt es gut im Auge zu behalten, die Weltenuhr sowieso. Wer sich nicht auch noch beim Spielen Stress und Hektik gerne aussetzt, sollte das Spiel deshalb besser meiden. Wer schon Ligretto nicht mochte, der sollte auch von den Mondo-Spielen die Finger lassen.

Wie bei Mondo scheint mir allerdings die Punktevergabe nicht ganz optimal ausbalanciert. Konnte man im ersten Spiel einen Punkte-Reibach durch viele kleine abgeschlossene Landschaften machen, so gelingt dieser bei Mondo Sapiens durch eine ordentliche Anzahl von Menschen und Straßenplättchen. Die Extrapunkte der Bonusplättchen wie Wirtshaus, Mühle, Kutschstation usw. gleichzeitig auch noch abzugreifen ist zwar nett und erstrebenswert, die Punkte fallen jedoch nicht so üppig aus, dass es sich wirklich lohnt, zu viel Aufmerksamkeit an diese Extrapunkte zu verschwenden. Das liegt vor allem an der räumlichen Begrenzung, in welcher die Bonusplättchen Punkte erzielen können. Diese Punkte erhält man nur, wenn die Kutschen, Weinfässer, Inseln und Wildschweine auf derselben Straße oder Landschaft des Bonusplättchens liegen. Die Zeit aber, die wir dafür benötigen, um beispielsweise möglichst viele Kutschen auf eine Straße zu verfrachten, ist im Sinne von Punktemaximierung viel besser dafür verwendet, den Mitspielern die Menschen und Straßen vor der Nase wegzuschnappen.

Trotzdem stimmt der Rest. Das Spiel ist wie der Vorgänger grafisch sehr schön gestaltet und enthält sogar vier verschiedene Weltentableaus für jeden Spieler (Mondo besaß nur zwei). Einziger Wehmutstropfen ist aus meiner Sicht, dass Michael Schacht und der Verlag Pegasus es nicht für nötig gehalten haben eine Kombinationsregel für beide Mondo-Spiele zu finden. Dieses i- Tüpfelchen hätte spannend werden können und auch der Tatsache Rechnung getragen, dass das erste Spiel mit der Nachfolgeanschaffung im Spieleregal eigentlich überflüssig wird.

Und wie bei Mondo kann man die angebotene Solovariante übrigens getrost vergessen. Sie ist weder spannend und fordernd noch macht sie Spaß. Es ist nun wirklich kein Problem, ohne größeren Stress das Tableau fehlerfrei unter fünf Minuten auszulegen. Und wenn man regelkonform bei den meisten Plättchen einfach die Rückseite nimmt, dann schafft man es sogar fehlerfrei unter zweieinhalb Minuten. Man hat hier stark das Gefühl, dass noch schnell eine Solovariante her musste. Nur weil Uwe Rosenberg diese aber in fast allen seinen letzten Spielen anbietet, muss man noch lange nicht irgendwelche halb garen Solospiele in die Regel aufnehmen. An dieser Stelle wäre in jedem Fall ein bisschen mehr drin gewesen. Es wäre beispielsweise spannender gewesen, wenn man auf Punktemaximierung spielen müsste und nicht auf Minuspunktevermeidung.

Fazit
Mondo Sapiens spielt sich schnell und flüssig weg. Als Appetizer, für zwischendurch oder als Absacker ist Mondo Sapiens ein willkommenes Fressen, auch für Vielspieler. Und so schnell wie bei seinem Vorgänger ist hier der Drops auch nicht gelutscht. War man bei Mondo ziemlich schnell einfach "durch“ mit dem Spiel, lassen sich bei Mondo Sapiens auch nach mehreren Partien noch neue Strategien und Möglichkeiten der Punkteoptimierung ausprobieren. Wenn ich mich für eines der beiden Spiele entscheiden müsste, dann ist Mondo Sapiens mein Favorit. Zwar sind die Tierchen schöner als die Menschen und das fertige Weltentableau des ersten Spiels sieht am Ende mehr nach unberührtem Paradies aus, aber beim Nachfolgespiel ist taktisch mehr drin und in Sachen Langzeitspaß geht ihm lange nicht so schnell die Puste aus.



02. Juli 2012 - (jd)

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