Rezension von Teneriffa


(Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das uns freundlicherweise von Holstein Spiele bereitgestellt wurde.)

Rezension

Teneriffa
Teneriffa – die größte der Kanarischen Inseln – ist heute ein Urlaubsparadies und lebt hauptsächlich vom Tourismus. Im gleichnamigen Spiel von Dirk Holdorf dreht sich allerdings alles um die Kolonisation im 16. Jahrhundert, wo noch Zucker und später Wein angebaut wurden.

Spielziel
Frisch auf Teneriffa im 16. Jahrhundert angekommen, setzen die Spieler als spanische Adelige ihre Gefolgsleute ein. Sie lassen nicht nur Häuser bauen, Zucker und Wein exportieren und Händler mit Waren handeln, sondern setzen auch Diebe ein, um die Pläne ihrer Konkurrenten zu durchkreuzen. Dazu werden in 5, bzw. 6 Runden Stadtkarten aufgedeckt, Charaktere eingesetzt und anschließend das Rathaus gebaut, um am Ende festzustellen, wer der erfolgreichste Kolonist war.

Spielausstattung & Spielvorbereitung
Der Spielplan, welcher die Insel mit 6 Städten und mehreren Lagerfeldern zeigt, wird in der Tischmitte ausgelegt. Jeder Spieler erhält 13 Häuser, 1 Händlerfigur und 6 Charakterkarten einer Farbe. Auf dem Spielplan im Meer aufgedruckt befindet sich die Siegpunkteleiste, neben welche jeder Spieler ein Haus seiner Farbe stellt. Der braune Erntehelfer kommt auf das erste Lagerfeld mit den fünf Zuckersäcken. Bei 2 und 3 Spielern kommt von den 6 Stadtkarten die Karte mit der Aufschrift "Santa Cruz" aus dem Spiel. Die Stadtkarten werden gemischt und verdeckt neben den Spielplan gelegt.

Spielablauf
Das Spiel verläuft in Runden, welche wie folgt abgehandelt werden:
1. Oberste Stadtkarte aufdecken
2. Nacheinander Charaktere auslegen und anschließend aktivieren
3. Alle Charaktere wieder auf die Hand nehmen

Die aufgedeckte Stadtkarte zeigt die Stadt an, um welche in der laufenden Runde gespielt wird. Befinden sich keine Stadtkarten mehr im Stapel, wird nur noch um das Rathaus gespielt.

Am unteren Rand des Spielplans befinden sich die Zahlen 1 bis 12. Die Spieler legen einzeln nacheinander drei ihrer Charakterkarten unterhalb des Spielplans verdeckt ab, sodass unter jeder Zahl sich nur ein Charakter befindet. Anschließend werden alle Charakterkarten aufgedeckt und beginnend bei der 1 nacheinander abgehandelt.

Mit einem "Maurer" darf der jeweilige Spieler eines seiner Häuser in die aktuelle Stadt bauen. Hierzu stellt er sein Haus auf ein freies Feld dieser Stadt und erhält sofort zwei Punkte. Wird um das Rathaus gespielt, erhält der Spieler zunächst keine Punkte, sondern erst am Spielende, wenn das Rathaus gewertet wird. Befindet sich neben der aktuellen Stadt auf dem Spielplan ein Bauernsymbol und der Spieler hat einen "Bauer" ausgespielt, dann stellt er eines seiner Häuser auf das Lagerfeld, auf dem sich gerade der Erntehelfer befindet. Anschließend setzt er den Erntehelfer um ein Feld in Pfeilrichtung weiter. Punkte hierfür erhält der Spieler erst mit dem "Exporteur". Auf dem Spielfeld befindet sich eine Transportreihe mit drei Feldern. Kommt ein "Exporteur" an die Reihe, wird dieser auf ein freies Feld der Transportreihe gelegt. Ist dort kein Feld mehr frei, kann der Exporteur nicht genutzt werden. Der Spieler wählt ein Lagerfeld aus, auf dem er ein Haus stehen hat, nimmt dieses wieder an sich und erhält die auf dem Lagerfeld aufgedruckte Punktzahl. Auch ein "Händler" muss auf ein freies Feld in der Transportreihe gelegt werden, um ihn zu nutzen. Der Spieler stellt dann seine Händlerfigur neben die aktuelle Stadt. Er erhält für jedes andersfarbige Haus in dieser Stadt einen Punkt. Beim nächsten Mal muss der Spieler seine Händlerfigur zu einer anderen Stadt bewegen, um Punkte zu bekommen. Liegt ein Dieb hinter einem andersfarbigen Charakter, beraubt er diesen. Er darf dann anstelle des Maurers ein Haus bauen, erhält die Punkte des Exporteurs oder bekommt für einen Händler pauschal zwei Punkte. Liegt hinter dem Dieb ein Dieb in der Farbe des Opfers, wird der fremde Dieb wieder neutralisiert. Liegen mehrere verschiedenfarbige Diebe hintereinander, geht der Zuschlag für den erfolgreichen Raub an den letzten Dieb in der Folge.

Am Ende einer Runde nehmen alle Spieler wieder ihre Charakterkarten auf die Hand und es beginnt eine neue Runde.

Sind die Stadtkarten aufgebraucht, wird das Rathaus nach denselben Regeln gebaut, außer dass es hierfür nicht sofort Punkte gibt. Es wird so viele Runden gespielt, bis das Rathaus fertiggestellt ist, oder mehrere Spieler keine Häuser mehr in ihrem Vorrat haben. Danach endet das Spiel. Nun erhält jeder Spieler noch für im Rathaus nebeneinander stehende Häuser Punkte (1 für 1, 3 für 2, 4 für 3 und 7 für 4). Dabei darf jedes Haus nur einmal berücksichtigt werden. Sieger ist der Spieler mit den meisten Punkten.

Bei 2 Spielern wird mit nur 2 Feldern in der Transportreihe gespielt und jeder Spieler darf 4 Charakterkarten in einer Runde ausspielen.

Gesamteindruck
Optische ist "Teneriffa" ein Leckerbissen und das Spielmaterial eine qualitativ hochwertige Kost. Betrachtet man das Material, die Ausstattung und die Aufmachung, kann man sich kaum vorstellen, dass es sich bei diesem Spiel um das Erstlingswerk eines Kleinverlages handelt. Cover, Spielplan und die Charakterkarten sind liebevoll gestaltet und sorgen für entsprechende Atmosphäre im Spiel. Dabei lässt sich das Thema auf jede beliebige Insel portieren und ist sicherlich eher aus einer Leidenschaft entsprungen, was aber ganz und gar in Ordnung ist und seinen eigenen Charme hat. Ganz überrascht war ich, als ich beim Öffnen der Schachtel die Stadt- und Charakterkarten nicht als typische Spielkarten vorfand, sondern aus dicker Pappe. Dies verleiht dem Spiel nicht nur eine hohe Materialqualität und Haptik, sondern auch zusammen mit dem anderen Spielmaterial eine ganz eigene Atmosphäre. Leider fehlt auf den schönen Charakterkarten noch eine Symbolik oder Erklärung, die kurz erläutert, was die jeweilige Karte bewirkt. Vorbildlich ist auch die kompakte Spielschachtel.

Der Spielaufbau ist schnell erledigt, das Lesen der Anleitung hingegen weniger. Die Abläufe sind in schwarzweiß hintereinander gereiht und müssen erst mal in Zusammenhang gebracht werden. Ein paar Ungereimtheiten können dann erst im Spiel geklärt werden. Mittlerweile gibt es auf der Verlagsseite eine nachgebesserte Spielanleitung zum Herunterladen.

Ansonsten spielt sich "Teneriffa" locker und flüssig. Man ist ständig im Spielgeschehen und muss abwägen, welche Charaktere man selber einsetzen möchte und darauf achten, welche die Mitspieler einsetzen könnten. So entsteht ein besonderes Zusammenspiel zwischen Taktieren, Planen und Bluffen. Jeder Charakter hat seine Berechtigung und kann zu Siegpunkten führen. Die Maurer bringen sofort Punkte ein, die Bauern zusammen mit den Exporteuren erfordern etwas mehr Planung, beim Händler ist das richtige Timing gefragt und der Dieb macht natürlich alles unberechenbarer und kann auf vielfältige Weise die Mitspieler stören und dadurch auch selber Punkte einfahren. Sind alle Charaktere ausgelegt, ist die Spannung beim Umdrehen derselben enorm groß: Geht meine Strategie auf? Schaffe ich es noch auf die Transportreihe? Macht mir ein Dieb einen Strich durch die Rechnung? Kann ich das vielleicht mit meinem Dieb noch verhindern oder beklaut mein Dieb erfolgreich einen Mitspieler? Da kann es auch mal passieren, dass die Spieler mit einem oder gar mehreren Charakteren ganz leer ausgehen.

Manchmal verliert man den Überblick, wer denn nun in der folgenden Runde der Startspieler ist. Hier wäre ein Startspielermarker von Vorteil gewesen. Das Spiel funktioniert zwar auch zu Zweit, macht aber durch das Bluffen und die Diebe zu Dritt und zu Viert am meisten Spaß.

Fazit
Teneriffa – die Insel der Diebe? Das könnte man bei diesem Erstlingswerk aus dem kieler Kleinverlag fast meinen. Haben diese doch einen großen, aber auch sehr spannenden Einfluss auf das Spielgeschehen. Auch wenn das Spiel kein Schwergewicht ist, so hat es durchaus seinen Reiz und eigenen Charme. Das Spielmaterial und die Aufmachung sind von sehr guter Qualität und könnten durchaus auch von einem großen Verlag stammen. Hier gebührt dem Verleger Respekt! "Teneriffa" ist ein kleines, aber feines und durchaus spannendes Taktik-, Bluff- und Ärgerspiel.

07. November 2013 - (ms)

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