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CollectorsPlayground empfiehlt das Spiel
Azul - Die Buntglasfenster von Sintra

Bewertung:

Ein Spiel, das im Jahr des Ritterschlags des hochgelobten »AZUL« auf dieses folgt und gleichen Namen wie gleiche Wortmarke trägt, muss sich mit Ersterem vergleichen lassen. Das war Autor und Verlag mit Sicherheit klar und bedeutete, »Die Buntglasfenster von Sintra« muss ein Sieger sein, ein großer Wurf, ohne den Vorgänger platt zu machen. Platt sind wir in der Tat von »Sintra« – im allerbesten Sinne: Was für ein Schachzug, uns nach »AZUL« nun mit filigran verzierten Glas-Stücken förmlich die Sinne zu rauben. Platt auch, was wir tun: Dort kachelten wir die Wand, hier glasern wir – ebenso flächig – Bleiverglasungen aus bunten Scheibchen. Stapeln und Auftürmen – wie in so vielen Spielen – wird es in den AZULs nicht geben. Das gehört hier nicht her – und das ist gut so. Denn es geht so schon genug kreuz und quer durch die Spieler-Hirne. Während auf der feststehenden Kachelwand von AZUL »kreuzweise« Nachbarschaften bzw. Gruppierungen gewertet werden und die Fliesung der Wand kontinuierlich fortschreitet und die Fläche sich füllt, faszinieren »Die Buntglasfenster von Sintra« durch ihre noch stärker ineinander verwobenen Abhängigkeiten von Horizontal- und Vertikal-Parametern und die ständige Verwandlung der Glasflächen bis hin zur scheibchenweisen Drehbarkeit der Spieler-Tableaus. In diesem Punkt scheint »Sintra« ein Grund-AZUL zu sein, das Kiesling in Senkrechtstreifen geschnitten hat. Das ist genial, auch wenn die Einzelteile der Ablagebretter manchmal etwas störrisch und nicht ganz passgenau sind und gerne aus etwas festerem und dickerem Material gemacht sein könnten, da sie dazu neigen, sich leicht zu krümmen. In AZUL entsteht das zu wertende Endprodukt vor unseren Augen. Bei »Sintra« erleben wir auf der großzügigen Fläche, auf der wir unser Handwerk verrichten sollen, ein stetiges Kommen und Gehen, ein Hinlegen und Wegnehmen – wie wir es beim Vorgänger (oder »Vaterspiel«) AZUL nur vom Planungs-Stadium bzw. unserer Material-Sammlung her kennen. Und so denkt man bei »Sintra« manches Mal traurig: »Schade, dass es nie fertig wird!« Dafür wird gewertet, dass es kracht – mehr noch, öfters und komplexer als in der Fliesenwand. Und hier mag »Sintras« Stärke liegen: Die vielfältig abzuwägenden Effekte, die meine Entscheidungen innerhalb des Tableaus auf meine Wertungen haben, sind subtil verzahnt zu einem System, das allerdings den Spielfluss überhaupt nicht bremst. Man kann das Spiel zackig flott spielen, muss keineswegs vor jedem Spielzug Punkte aufsummieren, sondern kann beherzt auf´s Ganze gehen. Lediglich ein wenig Gespür für das ausgewogene Verhältnis von noch zu erwartenden Pluspunkten und in Kauf genommenen Minuspunkten sollte man entwickeln und dazu etwas Risikobereitschaft. Vielleicht auch durch die pure Schönheit seines Materials schafft es AZUL Nr. 2, dass man sich ganz in dieses System, dieses permanent vertiefte Denken in Senkrechten und Waagerechten, ergibt und streckenweise hochkonzentriert wie ein startender Astronaut über seinem Steuerpult voller bunter Leuchtanzeigen brütet. Das fühlt sich gut und stimmig an und das Einzige, was – bei aller Ernsthaftigkeit – wirklich ernsthaft schiefgehen kann bei den »Buntglasfenstern« ist, dass man in seiner Versunkenheit eines der appetitlich funkelnden »Weingummis« versehentlich verschluckt. Aber mal im Ernst: Fast sicher sind wir uns, dass das originale AZUL – und das Prädikat »original« wird das Spiel des Jahres 2018 unstreitig immer haben – geschmeidiger ist, freundlicher vielleicht, sicher einen Tick weniger kämpferisch, möglicherweise sogar im Vergleich zum Nachfolger geradezu »lustig«, weil weniger verbissen, sicherlich ein bisschen weniger komplex und deshalb im Ablauf flüssiger oder auch gefälliger, in seiner Einfachheit ohne Zweifel brillant. »Sintra« schafft es gerade noch so eben, die Gratwanderung einer Fortsetzung hin zur Verkomplizierung zu meistern. Aber: Es ist gut. Sehr gut. Außer, wir ärgern uns abschließend noch so sehr über das irrsinnig-wirre Schlangenlinien-Labyrinth der Wertungs-Tafel, dass wir uns diese Meckerei auf hohem Niveau nicht verkneifen können.